Gisela Ellbracht:
Aus Iserlohn - Waldstadtinformationen
,,Du bis de Büxe am Verlieren ... "
Es war einmal im alten Iserlohn.
„Ich weiß, was du bist, du bis‘ de Büxe am Verlieren!" - ,,Komm im Haus, es fängt am regen an" ... Wenn Sie sich grammatikalisch gewählter auszudrücken verstehen, dann ehrt Sie das; aber es be¬weist, dass Sie kein richtiger Iserlohner sind. Und wenn Sie ein richtiger Iserlohner sein sollten, dann müssten Sie bei den eingangs erwähnten Redewendungen einige Jährchen alt sein. - Die gegenwärtigen jüngeren Iserlohner sprechen nämlich schon lange nicht mehr so. Ihnen sind die zum Schmunzeln anregenden Redewendungen kaum noch vertraut.
Eine ganze Fülle solcher erheiternder Ausdrücke hat einstmals mein verstorbener Vater Theo Ell¬bracht als vernarrter Heimatfreund in seiner schriftstellerischen Hinterlassenschaft gesammelt. Lassen wir die „richtigen" Iserlohner von Anno dazumal doch mal hier zu Wort kommen.
„Puppenfüttkes" waren Graupen mittlerer Sorte. - ,,Mach doch nicht son Gedönze" hieß: Sei doch nicht so umständlich. Einen wenig wendigen Zeitgenossen bezeichneten die Iserlohner als "Tranfunzel". Ein „Prölken" hielt man täglich mit der Nachbarin und „Prockeln" hieß, hinter der hohlen Hand erzählt, „Abtreibung", Ein „Schleimscheißer" war schon damals ein Augendiener. Lüfteten Damen ihre Röcke, sagte man „Schabracken hochheben". ,,Nimm mir auf die Schlippe" war ein Wunsch der Kinder an ihre Mütter, sie auf den Schoß zu nehmen.
„Die hätt sich stott" war eine Iserlohner Umschreibung für: Die ist in anderen Umständen. Einen Hut bezeichneten die Einheimischen als „Kalabräser", und wenn jemand für irgend etwas so viel Umstände machte, dann ermunterte man ihn mit der Forderung: ,,Mach doch mal hinne, dasse manges fertig wirs. ". -
Sprichwörter gab‘s - man staune - im alten Iserlohn auch. Eines hieß z. B. sehr drastisch: ,,Geschis¬sen, gekotzt und ein Äschwisch stehen auf jedermanns Herrentisch." Das waren ein Ei, Honig und Rinderzunge. Manschetten hießen
Dieser Spruch ist schon viel später so gesagt worden, der eigentliche Spruch lautete
Gedritenes, Gekotztes un en Äschwisch
dat kümmet op de Herren iären Disk
Manschetten hießen „Maugen", Fisimatenten machen" apostrophierte man als um¬ständlich. ,,Güm doch nicht im Essen rum" war eine Umschreibung für lustloses Herumstochern in der Mahlzeit. Johannisbeeren nannten die alten Iserlohner „Strippkasperten".
Na, und dann gab's damals auch lokale Originale, von denen als angestammte Iserlohner zu nen¬nen sind: ,,Füttken Malves", Wenn sie sich, weil es juckte, unter ihrem Haarnetz kratzte, dann befreite sich eine Schar eingefangener Läuse. Die „Bananen-Guste" verkaufte in der heutigen Nordsee- Fischhalle damals Bananen stückweise. ,,Kessemännkes- Lina" war eine Umschreibung für deren Billigkeit im Verkauf ihrer Ware in der Stadt.
Nahm man jemandem sein Erzähltes nicht ab, meinten die Iserlohner: ,,So sieh'se aus, wenn'se von Kevelaer komms und hess' es Hemd ausse Büxe hängen!"
Jemandem unverblümt die Meinung sagen hieß: ,,Ich hab‘s ihm schmackes ins Gesichte gesagt." Ein wenig schmackhaftes Essen war „pläddrig", etwas verschütten hieß „plentern". Als handfeste Belei¬digung beschimpfte man den verfemten Nachbarn mit „Iserlohner Gassendreiter". Jemanden zum Verlachen ausgucken hieß „Für'n Läppken hollen“. „In'n Knüpp küert" war die Umschreibung für: „Er weiß selbst nicht mehr, was er gesagt hat." „Pamwiemel" nannte man jemanden, der eine eingebildete Figur abgab. Rothaarigen konnte man angeblich nicht trauen und meinte „Fösse hett Nücke“. Hatte eine Familie kein Geld, bemerkte man „Sie haben keinen Ofen und nix." War einer großzü¬gig, ließen die Iserlohner wissen: „Er gab ihr die Hand und alles.". Trug ein Zeitgenosse eine reich-lich große Nase, apostrophierte man diese Feststellung mit der Umschreibung: „Der hat vielleich; einen Hecht!". „Quackelig" war eine unleserliche Handschrift. Maikäfer bezeichneten die alt Iserlohner als „Maikrabatzen". Kratzte sich jemand am Hinterteil, stellte man fest: „Das gibt ein gutes Butterjahr." Wie schön! ...
Der Fundus der ergötzlichen Ausdrücke und Aussprüche aus dem guten alten Iserlohn ist beachtlich und hier noch längst nicht ausgeschöpft. Er müsste im Stadtarchiv aufbewahrt werden - oder was meinen Sie?