Die nachfolgende Geschichte ist dem Buch „Iserlöuhn blitt Iserlöuhn“
von Dr. Theodor Ellbracht entnommen
Ich habe sie aus dem Plattdeutschen fast wortgetreu übersetzt, daher klingt manches auch nicht so, wie wir heute sprechen. Geschrieben hat Herr Ellbracht die Geschichten 1938.
Vor 3 Wochen, da hatte ich geschrieben, dass ich doch mal wieder nachsehen wollte, wie die Stadt und die Leute und die Berge und die Wege um diese Jahreszeit aussähen. Und das habe ich auch getan, und aus dem „FF“! Wenn ich was tue, dann tue ich es ganz.
Eines Abends, da habe ich es doch mit der Angst bekommen. Ich war in der Sailer (Seilerwald) gewesen und wollte von der Gartenstraße in die Nordstraße einbiegen. Da blieb mir doch auf einmal der Atem aus: Hinten an der Lehmkuhle, da sah ich zwei große Kerle auf dem Dach. Sie bewegten sich nicht; sie standen ganz still. Ob sie mich gesehen hatten? Oder ob sie am überlegen waren? Auf jeden Fall: da stimmte was nicht, das hatte nicht seine Richtigkeit. Und was waren das für Kerle! Das konnten gut Ableger von dem alten Bremme sein - so schrieb sich der Mann wohl, der damals Blasen an den Fuß bekommen hatte, als er einen Stein im Schuh hatte. Und dies „Steinchen“ kann man heute noch sehen: Es ist das Bremmsteinsköppken am Schleddenhof -So große Kerle waren da auf dem Dach! Was sollte ich machen? Nach der Polizei laufen? Einen Revolver holen? Da blieb keine Zeit um lange zu fackeln. Am schnellsten ging es doch sicher, wenn ich die Feuerwehr alarmierte. Ich beruhigte mich und hatte auch bald so einen blauen Kasten (Feuermelder) gefunden. Gerade wollte ich mit meinem Hausschlüssel das Fenster kaputt machen, ich hatte mich den ganzen Weg schon darauf gefreut, da sagte wer hinter mir: „Halt mal, wo brennt es denn?“ „Brennen? Es brennt überhaupt nicht, aber an der Lehmkuhle, da sind welche am einbrechen. Da sind eine ganze Menge Kerle auf das Dach geklettert; zwei davon habe ich selber gesehen. Gebe Gott, dass sie alle schnappen!“ Und ich packte den Schlüssel mit der Faust, da hielt mich der fremde Mann zurück und fragte, ob ich ihm denn nicht so ungefähr sagen könnte, wo das wäre. „Mann,“ antwortete ich, „das ist doch ganz egal; halten sie mich doch nicht auf. Hier heißt es :“Butter bei de Fische!“ Aber wenn sie es genau wissen wollen, ich glaube, es ist da so in der Gegend, wo früher die Fabrik von Husemann und Schulze gewesen ist. Aber nun lass mich doch los, sonst hast du es auf dem Gewissen, wenn sie halb Iserlohn die Kehle durchgeschnitten haben!“ Und was meint ihr, was nun passierte?? Der Mann prustete auf einmal los und fing an zu lachen und lachte und lachte immer weiter, dass er zu letzt ganz blau im Gesicht war und ich ihn festhalten musste, dass er nicht umfiel. War das grässlich! Der Mann hatte es sicher in den Kopf gekriegt, vor Angst! Vielleicht war das sein Haus. Gott mochte wissen, was da hinter steckte.
Nun durfte ich keine Sekunde mehr verlieren: An der Lehmkuhle ei-ne ganze Räuberbande auf dem Dach und hier ein Mann, der vor Schreck verrückt geworden war! Gerade hatte ich meinen Arm ausgestreckt um die Scheibe von dem blauen Kasten einzuschlagen, das stotterte der Mann neben mir: „Sie, lassen sie das sein, das sind gar keine lebendigen Menschen, das doch nur die zwei Figuren von der neuen Sparkasse!!“
Die schöne Sparkasse ist nun fertig, Die kann sich sehen lassen. Und die zwei Kerle, die da drauf stehen, können sich auch sehen lassen. Und das tun sie ja auch, Tag und Nacht. Zwar soll man nicht an allem etwas auszusetzen habe, aber ich weiß nicht, ob ich auf die Sparkasse einen Kerl mit einer Sense hingestellt hätte. So wie der da steht, da könnte man doch glatt meinen, dass man da-mit rechnen muss, dass sie einem bei der Sparkasse den Hals ab-schneiden wollen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass dies der Zweck der Sparkasse ist. Und dann noch was: ich habe nun mal ein gutes Gemüt: Können die beiden Kerle nicht wenigstens von Oktober bis Mai ein bischen um und an kriegen? Man muss doch immer an sich selbst denken. Wenn ich mir das vorstelle, dass ich da stehen müsste, in Wind und Wetter, bei Regen und Schnee, ich glaube ich hätte mir längst den Tod geholt! Aber zuletzt ist ja alles Gewohnheitssache. Ich hätte das nicht so lange ausgehalten.
Dr. Theodor Ellbracht war der Sohn eines Malermeisters, erwarb 1912 am Realgymnasium in Iserlohn sein Abitur und studierte Germanistik und neuere Sprachen in Münster und Freiburg. Er wurde zum Dr. phil. promoviert. Ellbracht unterrichtete in Iserlohn und Gelsenkirchen. Von 1927 bis 1944 war er als Studienrat in Kleve
Auf obigen Bild sehen Sie die beiden "Kerle"
Ein ganz altes Wappen
auch eines der älteren Stadtwappen
Dies ist das Stadtsiegel aus dem
dreizehnten Jahrhundert
Das heutige Wappen der Stadt Iserlohn
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